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Geschichte Komplementärmedizinische Therapieformen sind in palliativmedizinischen Fachtexten erst ab etwa 2010 von größerer Bedeutung, zuvor treten lediglich einzelne Erwähnungen auf. Begriffe wie Alternativmedizin, alternative Medizin oder alternative Heilmethoden werden in Fachtexten eher als problematisch wahrgenommen und in der Regel vermieden.
Bedeutungsspektrum in der Palliativmedizin Komplementärmedizin zählt nicht unbedingt zu den Kernbestandteilen des palliativmedizinischen Selbstverständnisses, sie stellt jedoch ein Unterscheidungskriterium von den anderen untersuchten Disziplinen dar, da sie in palliativmedizinischen Fachtexten schon früh und umfassend Beachtung gefunden hat. Wörter wie Schmerztherapie, Chemotherapie, Strahlentherapie und Radiotherapie treten vielfach häufiger auf als alle komplementären Therapieformen zusammen. Ohne Zweifel dominieren klassische evidenzbasierte Verfahren, dennoch darf das Interesse an komplementären Ansätzen als wichtiges Merkmal der Palliativmedizin bezeichnet werden. Der Einbezug komplementärer Verfahren ist eng mit dem Wunsch nach Ganzheitlichkeit verbunden. Häufig genannte Formen komplementärer Therapien sind die folgenden: Aromatherapie, Klangtherapie, Massagen, Körperentspannungsverfahren, Lach- und Humortherapie, Musik- und Kunsttherapie, Hydro- und Balneotherapie. Komplementäre Verfahren spielen eine besondere Rolle bei Störungen der Befindlichkeit wie Übelkeit und Erbrechen, Obstipation, sowie zur Schmerzlinderung und Therapien zur allgemeinen Steigerung des Wohlbefindens. Eine gewisse Sonderstellung nehmen homöopathische Verfahren ein. Der Diskurs über Homöopathie ist zweigeteilt. Vorherrschend ist eine explizit kritische Sicht auf diese Praxis, die argumentativ zum Teil mit deutlichen Worten vorgebracht wird. Dem stehen jedoch auch neutrale oder sogar implizit positive Wertungen gegenüber. Auch die Misteltherapie sticht unter den komplementären Verfahren besonders hervor. Sie ist eine der am häufigsten angewandten komplementären Therapieformen zur Verbesserung der Lebensqualität in der Krebsbehandlung und ist insbesondere mit Aspekten der Verträglichkeit und Milderung von Nebenwirkungen von Behandlungen assoziiert. Komplementäre Methoden sind in den Palliativtexten assoziativ überwiegend mit positiven semantischen Aspekten wie Ruhe, Verträglichkeit, Natürlichkeit und geringerer therapeutischer Aggressivität assoziiert und treten häufig gemeinsam mit den Wörtern sanft, Linderung und Natürlichkeit auf. Jedoch werden in Fachtexten zum Teil gewichtige Einwände gegen komplementäre Verfahren geäußert. Dazu gehören geringes Risikobewusstsein für mögliche Folgen unterlassener oder zeitverzögerter Behandlungsschemata sowie fehlende wissenschaftliche Evidenz, Kritik seitens der Schulmedizin, mangelnde Wirksamkeit in der Praxis, unerwünschte Nebenwirkungen, Kompetenzüberschreitungen durch Nichtmediziner und eine zunehmende Aufweichung medizinischer Fach- und Organisationsstrukturen.
Kollokationen: Alternativmedizin, ganzheitlich, sanft, Linderung, Praktiker, Heilverfahren, Anwendung, Heilmethode, Ansatz, Patientenorientierung, Schulmedizin, konventionell, multidisziplinär, Natürlichkeit, Wirkung, Finanzierung.
Feststehender Begriff: Ja. Als komplementär werden Methoden bezeichnet, die als Ergänzung zu wissenschaftlich begründeten Verfahren der Medizin verstanden werden. Jedoch besteht mithin eine gewisse Unklarheit darüber, welche Verfahren als komplementär bezeichnet werden können.
aus: Joachim Peters, Maria Heckel, Christoph Ostgathe (2020): Schlüsselbegriffe in der Palliativversorgung. Online-Handbuch. abrufbar unter https://www.uker.de/pm-handbuch