• Beziehung  

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Geschichte Beziehungen und insbesondere soziale Beziehungen spielen in der Palliativmedizin seit dem Beginn des Untersuchungszeitraums eine zentrale Rolle. Das sehr ausgeprägte Interesse an zwischenmenschlichen Beziehungen ist ein maßgebliches Alleinstellungskriterium der Palliativmedizin im Vergleich mit eher Organ- und Erkrankungsbezogenen Disziplinen. Beziehungen sind dabei nur ein Teil eines vielgliedrigen Netzes von anderen wichtigen Aspekten wie Empathie, Lebensqualität, Kommunikation und dem hohen Stellenwert von Emotionen und patientenseitiger Wahrnehmung.

 

Bedeutungsspektrum in der Palliativmedizin  Zwischenmenschliche Beziehungen bestehen zwischen allen Akteuren, die an einer Palliativsituation beteiligt sind. Die soziale Interaktion zwischen Individuen ist in der Palliativmedizin ein wichtiger Orientierungsaspekt in Bezug darauf, wie mit Patienten und Angehörigen umgegangen werden muss. Schon die Palliativstation selbst wird in Fachtexten und auf Webseiten als Ort gekennzeichnet, an dem soziale Interaktionen und Kommunikationshandlungen stattfinden und der sich – metaphorisch gesprochen – durch menschliche Wärme auszeichnet. Die Atmosphäre auf einer Palliativstation ist nicht nur eine Rahmenbedingung für gelingende Beziehungsinteraktionen zwischen Teammitgliedern, Patienten und Angehörigen. Die Qualität der Beziehung zwischen Arzt, Patient und Angehörigen ist als wichtigste Stellgröße für eine gute Informationsübertragung und letztlich auch gute Behandlungsqualität inwischen anerkannt („Droge Arzt“). Dabei ist in Texten der letzten Jahre ein Wandel in der Darstellung der Arzt-Patienten- Beziehung zu erkennen: Die eher einseitige medizinische Informationsübertragung vom Arzt zum Patienten wandelt sich immer stärker zur Idealvorstellung einer partizipativen Arzt-Patienten-Beziehung, in der der Patient, wo es denkbar ist, als möglichst gleichberechtigter Partner auftreten soll. Insbesondere  sollen Patienten selbst über anstehende Fragen entscheiden. Zweifellos sind dieser idealisierenden Vorstellung in der Realität aber auch Grenzen gesetzt. Insgesamt soll die Beziehung zwischen Teammitgliedern und Patienten von bestimmten Werten wie Offenheit, Ehrlichkeit, Verständnis und Respekt gekennzeichnet sein. Ebenso wichtig wie die Beziehung zwischen Teammitgliedern und Patienten ist die Beziehung zwischen dem Patienten und seinen Angehörigen. Funktionierende Sozialbeziehungen geben Patienten Sicherheit und helfen bei der effektiven Bewältigung belastender Situationen: Angehörige stellen in Palliativsituationen eine wichtige Stütze dar. Sozialbeziehungen zu Angehörigen und Familienmitgliedern werden in Texten über Coping-Strategien häufig als persönliche Ressourcen bezeichnet. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Sozialbeziehungen von älteren Menschen, hier ist das Risiko des Abbaus sozialer Kontakte besonders hoch. „Im Alter allein sein“ oder „allein sterben müssen“ gehört zu häufig genannten Ängsten alter Menschen. Beziehungen spielen auch im Hinblick auf Trauerrituale eine wichtige Rolle. Rituale besitzen nicht nur eine Ordnungs- und Routinefunktion, sie dienen auch dazu, die sozialen Beziehungen von Individuen zueinander stärken oder können zur gemeinsamen Bewältigung einer Problemlage beitragen. Insgesamt ist zu konstatieren, dass es sich beim Lebensende per se um eine soziale Situation handelt, die niemals völlig abgekoppelt von anderen Menschen bestritten wird.

 

Kollokationen: vertrauensvoll, tragfähig, lebendig, emotional, eng, Aufbau, sexuell, sozial, therapeutisch, persönlich, individuell, Kontakt, zwischen, Vertrauen, menschlich, intensiv, Gestaltung, Gott, Dimension, beruflich, Bezugsperson, Liebe, Qualität, Zugehörige, Tochter, Angehörige, Kommunikation, professionell, Patient, Arzt, Sterbende.

 

Feststehender Begriff: Nein. Der Begriff liegt in einer alltagssprachlichen Bedeutung vor und unterscheidet sich nicht maßgeblich vom allgemein gebräuchlichen Beziehungsbegriff. Konkret sind in diesem Fall aber vor allem Sozialbeziehungen zwischen Personen gemeint.

aus: Joachim Peters, Maria Heckel, Christoph Ostgathe (2020): Schlüsselbegriffe in der Palliativversorgung. Online-Handbuch. abrufbar unter https://www.uker.de/pm-handbuch