• Behinderung

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Geschichte
Menschen mit Behinderung kommt in der Palliativversorgung seit jeher besondere Aufmerksamkeit zu. Es könnte keine Phase in der Geschichte der Disziplin benannt werden, in der sich das Interesse an Menschen mit Behinderung maßgeblich von dem in anderen Phasen unterscheidet. In anderen Disziplinen wird bedeutend weniger über die Situation von Menschen mit Behinderung geschrieben. Um 2010 ist das Thematisieren von Palliativversorgung in der Behinderten bzw. Eingliederungshilfe zumindest in Fachtexten weit verbreitet.

 

Bedeutungsspektrum in der Palliativversorgung
Körperliche und geistige Behinderung als Bestandteil der Leiblichkeit eines Menschen ist in der Palliativversorgung generell eine relevante Kategorie.
Das besondere Interesse der Palliativversorgung an Menschen mit Behinderung liegt grundsätzlich in der Verbindung von Palliativversorgung und Behindertenpflege begründet. Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung sind häufig auch Orte des Sterbens und damit der Interessenssphäre der Palliativversorgung zuzuordnen. Dabei müssen Behinderteneinrichtungen insbesondere für einen würdevollen Umgang mit Sterbenden weiter sensibilisiert werden, beispielsweise durch Schulungen und Fortbildungen. Dabei kann das Leistungsspektrum für Personen mit Behinderung unterschiedlichste Aspekte umfassen, grundsätzlich sind medizinische, pflegerische, psychosoziale und ethische Herausforderungen zu berücksichtigen. Neben allgemeiner Palliativversorgung sind spezialisierte palliative Versorgungskonzepte mit ihrem multiprofessionellen Behandlungsansatz für die bestmögliche Umsorgung, Behandlung und Betreuung in der letzten Lebensphase für Menschen mit komplexen Bedarfen sinnvoll und zielführend. Die Implementierung von Palliativversorgung als Unterstützungsstruktur, als Kompetenz und als Haltung erscheint schon deshalb sinnvoll, weil der Sicht der Fachliteratur entsprechend Palliativkompetenzen zumeist nicht von den Einrichtungen selbst hinreichend getragen werden können.
Zentral ist dabei sowohl in Einrichtungen der Behindertenpflege als auch auf Palliativstationen selbst der Gedanke der Eingliederung. Menschen mit Behinderung soll ein möglichst alltägliches Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden. Dabei ist die Schwelle zwischen Patientinnen und Patienten mit Behinderung und anderen Patientinnen und Patienten so niedrig wie möglich zu halten. 
Bestimmte Teilaspekte des Themas sind in Fachmedien der Palliativversorgung von besonderem Interesse. Hierzu zählen Symptomkontrolle bei Kindern mit Behinderung mit Funktionsstörungen, Wissen und Einstellungen von Personen mit Behinderung zum Themenbereich Sterben und Tod, die Evaluation von Kommunikationsqualität und Verstehensprozessen in der Kommunikation bei Menschen mit geistiger Behinderung. Ein besonderes Thema in der Palliativversorgung ist die Behinderung beim Kind, insbesondere Mobilitätsstörungen und damit verbunden wiederum die Teilhabemöglichkeiten an alltäglichen Aktivitäten. Trotz der relativ hohen Bedeutsamkeit des Themas in Fachtexten ist das Thema Behinderung in der aktuellen S3-Leitlinie Palliativversorgung eher unterrepräsentiert (7 Belege auf 551 Seiten).

 

Kollokationen: geistig, Eingliederungshilfe, schwer/schwerst, angeboren, Schweregrad, Selbsteinschätzung, mehrfach, neurologisch, Mensch, krank, Teilhabe, Einschränkung, Einrichtung, körperlich, seelisch, kognitiv, komplex, Abhängigkeit, Kind, Lebenserwartung, individuell, Leiden, Frau, Wissen, Lebensende

 

Feststehender Begriff: Ja. Die Einteilung in verschiedene Grade der Behinderung wird auch in der Palliativversorgung verwendet. Die Behinderung als Funktionseinschränkung ist im SGB IX klar definiert.

aus: Joachim Peters, Maria Heckel, Christoph Ostgathe (2020): Schlüsselbegriffe in der Palliativversorgung. Online-Handbuch. abrufbar unter https://www.uker.de/pm-handbuch